Zeitreise statt Zypern! Wie Euer Papa und ich eine Woche Urlaub im alten Leben machten

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November 2013: unser letzter Herbstsonnenurlaub, in dem Ihr übrigens entstandet. Gestern vor exakt zwei Jahren, um genau zu sein

Liebe Elli, lieber Theo,

wenn in Deutschland der schöne Teil des Herbstes vorbei und von bilderbuchhaften Winter-Schneelandschaften noch keine Spur ist, fliegen Euer Papa und ich gern nochmal in die Sonne. Wir haben das schon oft gemacht, um die Batterien aufzuladen und uns die nötige Vitamin-D-Ration für die Berliner Schmuddelmonate zu holen – dieses Jahr aber bleiben wir bewusst zu Haus. Warum?

Wir fanden es doof, Euch nach der unter’m Strich ja ziemlich guten Kita-Eingewöhnung wieder aus dem neuen Rhythmus zu reißen. Und verliebten uns bei näherer Betrachtung in die Vorstellung, mal wieder ein bisschen Zeit als Ehefrau und Ehemann verbringen zu können anstatt als Mama und Papa.

Also beschlossen wir: IHR geht morgens wie gehabt für die paar Stunden in die Kita. Und WIR lehnen uns unterdessen zurück, reisen durch die Vergangenheit, machen sozusagen Urlaub in unserem alten Leben. Unser Plan war dieser: Wir unternehmen jeden Tag mindestens eine Sache, die wir in den Jahren vor Eurer Geburt liebten. Was soll ich sagen: Der Plan ging tatsächlich auf.

Rückblick a la Raupe Nimmersatt (so fühlten wir uns wirklich ein bisschen, wir kosteten ja täglich immer mehr von dieser fabelhaften Frucht namens Freiheit):

Am Montag gingen wir einfach nochmal ins Bett – eine alte, leider etwas eingeschlafene „postfrühstückale“ Tradition. Dann mit der (noch angewärmten) Decke und zwei hausgemachten Vitaminbomben-Smoothies auf unser Supersofa. Dort schauten wir den fünften Teil von „Mission Impossible“, mitten am Morgen. Von wegen impossible!

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Am Dienstag ließen wir uns durchkneten, im (auf den 2. Blick leicht vergammelten, aber wie wir finden trotzdem) besten Thai-Massagen-Laden Berlins. Es roch nach Yasmin-Tee und Kokos-Öl, und während im Hintergrund klimpernde Entspannungsmusik vor sich herdudelte, fühlten wir uns fast ein bisschen wie am Strand von Ko Samui oder so (naja gut: nur fast).

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Am Mittwoch starteten wir mit einer ausführlichen Badezimmersession in unseren freien Vormittag. Euer Papa rasierte sich (endlich mal wieder), ich schnitt mir die Nägel, alle 20 am Stück, ohne 18 Unterbrechungen. Anschließend schlenderten wir durch unseren geliebten Ex-Kiez in Mitte, mit wohltuender Herbst-Sonne und köstlichem Lunch-Stopp beim damaligen Stamm-Vietnamesen.

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Am Donnerstag frühstückten wir im „Distrikt“, und noch während Engelchen und Teufelchen in meinem Kopf diskutierten, ob ein Frühstück, für das man auch viereinhalb Pakete Markenwindeln kaufen könnte, dekadente Geldverschwendung oder legitime Ausnahme ist, schlug der Finanzhammer so richtig zu:

Eigentlich wollten wir doch nur noch ein bisschen bummeln. Tatsächlich aber war ich seit Eurer Geburt noch nicht ein einziges Mal wieder anständig shoppen – vermutlich der Grund für einen (leider gar nicht) kleinen Kaufrausch. Plötzlich hielt ich vier Tüten in den Händen, mit einem neuen Anorak, einem Megakuschelschal, einem Kleid, zwei Blusen, drei Tops, einem Sweatshirt – und einer Rechnung, die mich in meiner derzeitigen elterngeldfreien Elternzeitverlängerung in den totalen Ruin treibt.

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Aber immerhin habe ich jetzt den Hut auf: Als Tages-i-Tüpfelchen kaufte Euer Papa mir den bordeauxroten Hut, den ich bei Storia eigentlich nur so zum Spaß aufsetzte, vielleicht als potentielle Karnevalsverkleidung? „Steht Dir gut“, urteilten Euer Dad und die Verkäuferin zeitgleich. Ich kokettierte nur ganz kurz, ergab mich aber schnell (und trage das Ding seitdem täglich!).

Am Freitag schlossen wir mit einer Wiederholung den Kreis: brachten Euch in die Kita – und kehrten zurück in die Kiste. Begannen bei gemütlichstem Novemberregen endlich die vierte Staffel von Homeland. Kochten mittags zusammen, Papa das Fleisch, ich das Gemüse, wie immer. Aßen, und resümierten dabei, wie gut diese Woche tat.

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Es gab zwar immer wieder Momente, in denen ich mich frage, ob wir ein schlechtes Gewissen haben müssen: Ist es legitim, Euch in die Kita „abzuschieben“, wenn wir doch beide zu Hause sind? Wir einigten uns auf: ja. Denn erstens liebt Ihr die Kita. Zweitens genossen wir die Nachmittage viel intensiver mit Euch. Und drittens kommt es doch logischerweise auch Euch zu Gute, wenn wir ausgeglichen sind. Oder?

Tatsächlich waren wir erholter als nach jedem anderen Urlaub der vergangenen eineinhalb Jahre – und das machte sich auch außerhalb der freien Vormittage bemerkbar: Die blöden, im Alltag nicht vermeidbaren Klischee-Anzick-Punkte, wer jetzt die nächste Windel macht / den Müll runterbringt / das Wohnzimmer aufräumt, blieben nahezu komplett aus.

Stattdessen gewährten wir uns Freiräume: Euer Papi schaffte es mal wieder in die Muckibude, kramte in seiner Technik-Ecke rum, während ich mit Euch Eure neue Freundin Sophie besuchte. Dafür durfte ich abends mit unserer Lieblingshebamme ausgehen, am nächsten Tag ebenfalls ausgiebig sporteln.

Und das Beste: ich musste nicht mal nachts ran! Zum ersten Mal seit 16 Monaten schlief ich wieder durch, mindestens sieben Stunden, fünf Mal in Folge. Die Nächte nämlich übernahm Euer Papa – eine Maßnahme unseres  (ja-ja, sehr langfristigen) Abstillplans.

Haltet Ihr mich nach diesem Brief für ’ne faule Socke?

Keine Sorge, meine Süßen: Diese Abhäng-Gammel-Schlafkur-Woche war sozusagen die Ruhe vor dem Sturm. Erinnert Ihr Euch an das Geheimnis, das ich in meinem vorvorletzten Brief andeutete? Vielleicht erzähle ich Euch nächste Woche davon. Fest steht jedenfalls: So schnell werde ich mich wohl nicht wieder zurücklehnen können.

In diesem Sinne: (noch) tiefenentspannte Grüße von Eurer Zwillimuddi

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Ein Gedanke zu “Zeitreise statt Zypern! Wie Euer Papa und ich eine Woche Urlaub im alten Leben machten

  1. Ich finde eure woche urlaub super. Die mäuse sind in der krippe gut aufgehoben, also wieso solltet ihr die zeit zu zweit nicht voll ausnutzen. Einfach die gemeinsame zeit gehießen und dinge nur für euch tun finde ich eine ganz tolle und auch wichtige idee.

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